Auf die Frage „Wo beginnen die Menschenrechte?“ hat die Ehefrau des früheren US-Präsidenten, Franklin D. Roosevelt und die Vorsitzende der Kommission der Vereinten Nationen, die 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verfasst hat, folgende Antwort gegeben:
„An den kleinen Plätzen, nahe dem eigenen Heim. So nah und so klein, dass diese Plätze auf keiner Landkarte der Welt gefunden werden können. Und doch sind diese Plätze die Welt des Einzelnen: Die Nachbarschaft, in der er lebt, die Schule oder die Universität, die er besucht, die Fabrik, der Bauernhof oder das Büro, in dem er arbeitet. Das sind die Plätze, wo jeder Mann, jede Frau und jedes Kind gleiche Rechte, gleiche Chancen und gleiche Würde ohne Diskriminierung sucht. So lange diese Rechte dort keine Geltung haben, sind sie auch woanders nicht von Bedeutung. Wenn die betroffenen Bürger nicht selbst aktiv werden, um diese Rechte in ihrem persönlichen Umfeld zu schützen, werden wir vergeblich nach Fortschritten in der weiteren Welt suchen.“
Menschenrechte sind die Basis für ein friedliches Zusammenleben einer Gesellschaft. Doch nur wenn Menschen von ihren Rechten wissen, können Menschen ihre Rechte für sich in Anspruch nehmen und sich gleichzeitig auch solidarisch für die Rechte von anderen einsetzen.
In der westmongolische Provinz Bayan-Oelgi, die 1940 gegründet wurde, leben heute über 100.000 Menschen. Über 94% der Bevölkerung sind Kasachen, ein muslemisches Volk und nur 6% der Bevölkerung sind die Ureinwohner der Altairegion. Das sind die Urianhai-und Tuwavölker und ihre Religion sind Buddhismus und Schamanismus.
Die Tuwas leben heute hauptsächlich in der westlichsten Region der Mongolei, in Zengel Sum. Zengel sum hat knapp 10.000 Einwohner und davon 30% sind Tuwas und 70% sind Kasachen und die Zahl der Ureinwohner werden immer weniger.
Der Grund dafür sind vor allem die alltägliche Diskriminierung der Tuwas in den Kindergärten, in den Schulen und in Ämtern. Nach den Statistiken gab es in den letzten zehn Jahren über 50 Stellenangebote in den staatlichen Behörden von Zengel und kein Tuwa konnte diese Stelle ergattern, sondern nur Kasachen. Das heißt die letzten zehn Jahre hat kein einziger Tuwiner im staatlichen Dienst in Zengel Sum aufgenommen worden.
In Zengel Sum gibt es drei staatliche Kindergärten. Davon nur ein Kindergarten hat eine Klasse für mongolisch sprechende Kinder und in anderen Kindergärten wird nur kasachisch gesprochen.
Seit Jahren leben besonders die Oberschüler mit Angst vor Diskriminierung in den Klassenräumen und die Tuwa-Lehrer/innen vor der kasachischen Schulverwaltung, den nur Kasachen haben immer die Stelle Direktors und der Schulverwaltung besetzt. Auch in allen anderen Behörden, Ämtern und Krankenhäusern ist nicht anders.
Am 13. September 2018 beim Besuch des Teams der Menschenrechtskommission der Mongolei in Zengel Sum haben die Vertreter der Eltern der Tuwaschüler sowie Vertreter der Lehrer und Jugend die Kommission über ihre Probleme informiert und auch schriftlich der Frau Oyunchimeg, Vorstandsmitglied der Menschrechtskommission der Mongolei, überreicht. Darüber hat die Menschenrechtskommission der Mongolei im jährlich erschienen Buch (16. Vortrag) ausführlich erläutert.
Außerdem finden in der Oberschule fast täglich Drängeleien, Prügeleien und Streitigkeiten zwischen kasachischen und tuwinischen Schülern, so schilderten die Tuwalehrerinnen der Oberschule. Immer wieder stehen in den Schulbanken rassistische Parolen gegen die Tuwas und Diskriminierung von Schülerinnen und Schüler aus Tuwastamm gehört fast zum Tagesordnung. Dadurch haben Tuwakinder keine Lust auf die Schule und viele Tuwafamilien fühlen sich deswegen gezwungen ihre Heimat zu verlassen. Sogar der kasachische Bürgermeister von Zengel Herr Myarambek hat am 13. September 2018 beim Besuch der Menschenrechtskommission über die mangelhafte Einsetzung der Amtssprache und Respektlosigkeit gegenüber Tuwas in der Oberschule nicht wiedersprechen können und zugegeben.
Die Diskriminierung und Missachtung der Minderheit in Zengel Sum nimmt weiter zu und um die Spannung in der Bevölkerung abzubauen und Respekt füreinander einzuführen haben wir eine großräumige und nachhaltige Aufklärungsarbeit über die Menschenrechte in Zengel durchgeführt.
Für die Unterstützung des Projekts bedanken wir der Organisation Misereor in der Mongolei, geleitet vom Herrn Jan Felgentreu.